Dresden, 9. Juni 2008
Schrumpfende Mittelschicht macht dem Handwerk
zu schaffen
Sächsischer Handwerkstag: Leistungsträger müssen vom Aufschwung
durch mehr Netto vom Brutto profitieren / Deutliche Signale von der
Politik erwartet
Angesichts einer nur labilen Binnenkonjunktur und einer unverändert starken Belastung vor allem der Mittelschicht durch Steuern und Abgaben hat der Sächsische Handwerkstag an die Bundespolitik appelliert, den Leistungsträgern endlich mehr Netto vom Brutto zu belassen. Trotz steigender Bruttoeinkommen sinke für viele Menschen die Kaufkraft, verbleibe immer weniger Geld, um steigende Energie- und Lebensmittelpreise auszugleichen und die notwendige private Vorsorge zu treffen.
Präsident Joachim Dirschka zeigte sich am Montag vor Journalisten in Dresden besorgt, „dass die Mittelschicht der Gesellschaft seit Jahren bedenklich schrumpft“. Aktuellen Studien renommierter Forschungsinstitute (u. a. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) zufolge sei das Risiko, in die unteren Einkommensschichten abzurutschen, deutlich gestiegen. „Der offenkundige allmähliche Zerfall der Mittelschicht bedroht uns als Unternehmer und Arbeitgeber nicht nur beim Auf- und Ausbau bestandsfester Existenzen, wenn uns die Mittel für nötige Investitionen fehlen. Zugleich gehen dem Handwerk zunehmend bisherige Kunden verloren.“
Nachdrücklich warb Dirschka dafür, „dieser verhängnisvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten“ und zu einer Politik zurückzukehren, die Unternehmern und Bürgern gleichermaßen mehr Netto vom Brutto belässt. „Nicht nur der Staat, auch die Leistungsträger müssen vom Aufschwung profitieren. Sie dürfen nicht durch immer neue Begehrlichkeiten des Staates geschröpft werden.“
Als einen Weg zu mehr Netto vom Brutto mahnte Sachsens Handwerkspräsident eine Reform der Einkommensteuer an – als Ausgleich der „kalten Progression“, die steigende Einkommen mit höheren Steuersätzen belastet. Denn von Lohnerhöhungen zum Inflationsausgleich komme inzwischen selbst bei „Normalverdienern“ nicht mehr viel auf dem Konto an. – Demgegenüber profitiere der Staat von der „kalten Progression“ der Einkommensteuer, belaufe sich das Mehraufkommen aus dieser Quelle nach einer vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie allein 2008 auf 4,3 Milliarden Euro.
Darüber hinaus dringt das Handwerk weiterhin insbesondere auf eine Absenkung der Lohnnebenkosten, um auf Dauer unter die 40-Prozent-Marke zu gelangen. Derzeit liegen die Lohnnebenkosten, die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden, in Deutschland bei 39,1 Prozent des Bruttolohns.
Zwar habe die Bundesregierung mit der Beitragssenkung zur Arbeitslosenversicherung auf 3,3 Prozent einen richtigen Akzent zur Entlastung des Faktors Arbeit gesetzt, so Dirschka. Doch drohe diese „zeitweilige Atempause“ mit der angekündigten Beitragsanhebung zur Pflegeversicherung (zum 1. Juli 2008 von 1,7 auf 1,95 Prozent) sowie ab 2009 mit dem zu erwartenden Beitragsplus in der Krankenversicherung infolge des Gesundheitsfonds wieder zunichte gemacht zu werden.
„Damit werden wir bei den Sozialversicherungsbeiträgen voraussichtlich erneut die 40-Prozent-Marke überschreiten“, bedauerte Dirschka. Auf diese Weise werde die Kaufkraft der Konsumenten erneut geschmälert, verbleibe auf Seiten der Handwerker erneut weniger Spielraum für Investitionen in die eigenen Unternehmen. „Einmal mehr wird deutlich, dass an einer grundlegenden Strukturreform bei den sozialen Sicherungssystemen kein Weg vorbeiführt.“
Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag aktuell mehr als 58.000 Unternehmen, in denen zirka 330.000 Menschen beschäftigt sind. Allein in Sachsen ist damit rund ein Drittel aller Handwerksbetriebe der neuen Länder (ohne Berlin) ansässig.
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