Dresden, 23. Mai 2011
Handwerk sucht Wege für bessere eigene
Finanzausstattung
Gutachten von ifo Dresden: Keine „Kreditklemme“ während
Finanzmarktkrise / Bei Fremdfinanzierung von Vorhaben setzen
Handwerker unverändert vor allem auf Bankdarlehen
Vor dem Hintergrund einer unverändert angespannten Finanzierungssituation in vielen Handwerksbetrieben Ostdeutschlands haben sich Befürchtungen einer „Kreditklemme“ im Zuge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise nicht bestätigt. Wie Befragungen ergaben, habe nur ein relativ geringer Teil sächsischer Handwerksbetriebe eine Verschlechterung des Finanzierungsumfelds (21 Prozent) bzw. bei Kreditvergabekonditionen (28 Prozent) festgestellt. Zu dieser Erkenntnis kommt eine vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Dresden, erarbeitete Studie, deren Ergebnisse Handwerkstag-Präsident Roland Ermer am Montag vor Journalisten in Dresden vorstellte.
Hauptgründe für abgelehnte Kreditwünsche von Unternehmen sind laut Studie insbesondere „unzureichende Sicherheiten“ (54 Prozent) sowie „zu geringes Eigenkapital“ (37,5 Prozent). Allerdings gibt es für Unternehmen bestimmter Branchen (z.B. Kfz-Gewerbe) überhaupt keine Chance, Bankdarlehen zu erhalten. Für Handwerker nachrangig von Interesse sind offenbar Förderangebote bzw. alternative Finanzierungsformen (z.B. Beteiligungskapital). Prinzipiell präferieren Handwerker nach wie vor die Selbstfinanzierung. Bei der Fremdfinanzierung rangieren klassische Instrumente wie das Bankdarlehen (anteilig mehr als 40 Prozent) an vorderer Stelle.
Wie aus der ifo-Studie weiter hervorgeht, hat das Handwerksgewerbe für das Kreditgeschäft von Banken aus Sicht einer Mehrheit befragter Experten (70 Prozent) traditionell hohe Bedeutung. Hinsichtlich des Kapitalangebots kommen dafür in erster Linie Sparkassen und Kreditgenossenschaften in Frage, zumal sich das Gros an Privatbanken in Sachsen in den vergangenen Jahren aus der Fläche zurückgezogen hat.
Wie Präsident Ermer in einer ersten Auswertung der vom Sächsischen Handwerkstag in Auftrag gegebenen, mit Landesfördermitteln unterstützten ifo-Studie mitteilte, seien Handwerksunternehmen, Banken, Förderbanken sowie die Politik nunmehr „gleichermaßen gefordert“, aktiv zur Verbesserung der Finanzierungssituation im Handwerk beizutragen.
Ein Kernanliegen für jeden Unternehmer müsse auch künftig darin bestehen, betriebliche Prozesse zu optimieren, kaufmännische Abläufe transparent zu gestalten „und überhaupt das Controlling zu einem festen Bestandteil der eigenen Unternehmensführung zu machen“, so Ermer. Kammern und Verbände böten hierzu bereits vielfältige Beratungs- und Qualifizierungsangebote an.
Für Banker und Unternehmer gelte, die Kommunikation so zu intensivieren, dass Kreditverhandlungen letztlich zu einem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis führen. Politisch notwendig seien zudem wirksamere Anreize für Banken und Sparkassen, damit im Gespräch mit Gewerbekunden auch kleinteilige Kredite öffentlicher Förderinstitute thematisiert würden.
Gefordert ist laut Handwerkstag schließlich auch die „große Politik“, um dem Handwerk durch ein besseres Finanzpolster mehr Wachstum zu ermöglichen.
Mit Blick auf die abzusehende Neuordnung des Bankenaufsichtsrechts („Basel III“) warnte Ermer die Bundespolitik davor, durch allzu scharfe Vorgaben künftige Kreditgeschäfte von Banken und Sparkassen mit gewerblichen Unternehmen von vornherein zu beeinträchtigen. – An die Adresse der sächsischen Landesregierung dagegen erneuerte der Handwerkstag-Präsident seine Kritik an der jetzt einseitig auf Großunternehmen ausgerichteten Investitionsförderung. „Einem FDP-Wirtschaftsminister sollte förderpolitisch nicht gleichgültig sein, dass immerhin mehr als 90 Prozent aller sächsischen Unternehmen Kleinbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten sind.“
Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag aktuell mehr als 59.000 Betriebe, in denen es mehr als 400.000 Arbeitsplätze gibt. Rund ein Drittel aller Handwerksbetriebe der neuen Länder (ohne Berlin) ist damit in Sachsen ansässig.
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