Dresden, 10. Juni 2013
Für eine kalkulierbare und verlässliche
Energieversorgung
Sächsischer Handwerkstag: Projekt „Energiewende“ konstruktiv
anpacken statt länder- und parteipolitischen Machtspielen zu
unterwerfen
In der Debatte um eine grundlegende Neuausrichtung der Energiepolitik und Energiewirtschaft in Deutschland hat das sächsische Handwerk die Regierenden in Bund und Ländern aufgefordert, das Projekt „Energiewende“ nicht länger länder- und parteipolitischen Machtspielen zu unterwerfen. „Die anhaltende Blockade zwischen Bund und Ländern ist ein Trauerspiel angesichts der gewaltigen Herausforderungen, vor denen wir – auch im europäischen Kontext – stehen. Besorgt sind wir, dass sich in der Bevölkerung zunehmend Skepsis über den Fortgang der Energiewende breit macht“, wie der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Roland Ermer, am Montag in Dresden erklärte.
Als Ursachen für wachsende Vorbehalte gegenüber dem Mitte 2011 parteiübergreifend beschlossenen Energie-Maßnahmen-Paket sieht das Handwerk vor allem die Jahr für Jahr steigenden Stromkosten, ohne dass das als dringend reformbedürftig anerkannte, vor mehr als zehn Jahren eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bislang novelliert wurde. Hinzu kommt, dass in der Politik beim Thema „Energetische Gebäudesanierung“ seit 2012 faktisch Stillstand herrscht.
„Allein die jährlichen Strompreis-Erhöhungen infolge der seit Jahren empor schnellenden Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) sind so alarmierend, dass an einer raschen, grundlegenden Reform dieses Gesetzes kein Weg vorbeiführt“, sagte Ermer. Erst zum Jahreswechsel 2012/2013 erhöhte sich die Ökostrom-Umlage um fast 47 Prozent (von 3,5 Cent pro Kilowattstunde auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde). Neben Privatleuten leiden unter der Last steigender Strompreise in erster Linie energieintensiv arbeitende Klein- und Mittelbetriebe des Handwerks, z.B. Bäcker, Fleischer, Textilreiniger und Kfz-Lackierereien.
Angesichts einer sowohl von Experten als auch dieser Tage vom Bundesumweltministerium für spätestens Anfang 2014 vorausgesagten erneuten Steigerung der Strompreise erwartet der Sächsische Handwerkstag, dass der Bund in der zu Ende gehenden Wahlperiode zumindest noch die Weichen für ein modernes, heutigen Gegebenheiten entsprechendes EEG stellt.
Hintergrund: Die sogenannte Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) ist ein Strompreisaufschlag für die Einspeisung von Öko-Energie. Privathaushalte und gewerbliche Unternehmen zahlen die Umlage über die Stromrechnung. Hinzu kommt: Mit der Begründung, internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, hat die Politik viele energieintensiv arbeitende (Groß-)Unternehmen der Industrie von der Umlage befreit. Gäbe es diese Ausnahmeregelungen nicht, müssten Privat- und Gewerbekunden deutlich weniger Ökostrom-Umlage zahlen und hätten damit letztlich auch geringere Stromkosten. – Steuern und Abgaben machen heute fast die Hälfte des Strompreises aus; ein größerer Teil davon entfällt auf die Ökostrom-Umlage.
Politischen Handlungsbedarf sieht das Handwerk zudem hinsichtlich der Förderung der energetischen Gebäudesanierung – dem aus Handwerkssicht entscheidenden Schlüssel zur Energiewende. Immerhin entfallen auf Gebäude rund 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs sowie ein Drittel der CO2-Emissionen. Außerdem verfügt Sachsen unter den deutschen Ländern über den ältesten Wohngebäudebestand. Mehr als zwei Drittel aller Wohnhäuser im weiß-grünen Freistaat sind älter als 50 Jahre.
„Umso enttäuschter sind wir, dass das Thema ´Steuerliche Anreize für energetische Gebäudesanierung` im Bundesrat bislang torpediert wurde. Dies verprellt Investoren und rückt das Ziel der Bundesregierung, die Zahl der sanierten Gebäude auf mehr als ein Prozent pro Jahr zu steigern, in weite Ferne“, erläuterte der Handwerkstag-Präsident.
Ermer appellierte an die Regierenden, „bei der Neuausrichtung der Energiepolitik jetzt zügig einen Weg zu finden, der nicht zu immer neuen Subventionen und staatlichen Eingriffen führt“. Dies schließe ein, die Kosten bei der Förderung der Erneuerbaren Energien fairer auf alle Nutzer zu verteilen. „Zudem müssen mittelständische Gewerbetreibende und Verbraucher gleichermaßen darauf vertrauen dürfen, dass Energiekosten kalkulierbar, von der Politik gemachte Aussagen verlässlich bleiben.“
Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag derzeit mehr als 59.500 Betriebe, in denen zirka 350.000 Menschen beschäftigt sind. Rund ein Drittel der Handwerksbetriebe der neuen Länder (ohne Berlin) ist damit allein in Sachsen ansässig.
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