Dresden, 14. Juli 2014
Meisterqualifikation sichert Fachkräftenachwuchs im Handwerk
Im DHZ-Gespräch: Roland Ermer, Präsident des Sächsischen Handwerkstages
Nur noch wenige Wochen, dann ist es soweit: Am 31. August 2014 wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt. – In einem Interview mit der Handwerkspresse zieht der Präsident des Säch-sischen Handwerkstages, Roland Ermer, Bilanz zur Arbeit der Sächsischen Staatsregierung in den vergangenen fünf Jahren.
DHZ: Was hat die sächsische Landespolitik erreicht, um die
Rahmenbedingungen von Handwerk und Mittelstand zu verbessern?
Ermer: Nach unserer Einschätzung hat die CDU/FDP-Koalition eine
weitgehend gute Arbeit geleistet, um der einheimischen Wirtschaft
mehr Handlungsfreiheit zu sichern. Zu zählen ist hierzu etwa das
neue Sächsische Vergabegesetz. Es ist schlank und transparent
ausgestaltet und kommt bei öffentlichen Aufträgen den Belangen auch
kleinerer Unternehmen entgegen. Gelungen ist auch das neugefasste
Sächsische Ladenöffnungsgesetz. Möglich sind jetzt flexib-lere
Öffnungszeiten an Sonntagen sowie zu besonderen Anlässen. Vom
Handwerk generell gutgeheißen wird, dass Sachsen schon immer auf
eine hohe Investitionsquote Wert legt, den Anteil der
Neuverschuldung immer weiter zurückgefahren hat. Dies sichert
Gestaltungsspielraum für die Zukunft und ist nur fair gegenüber
nachfolgenden Generationen.
DHZ: Und wie ist das Engagement Sachsens im Bundesrat zu
bewerten?
Ermer: Auch wenn die Erfolgsaussichten mitunter von vornherein
nicht groß waren: Die sächsische Landespolitik hat sich bemüht, z.B.
die Fälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen wieder an die
Zahlung von Löhnen und Gehältern zu koppeln und dafür Mehrheiten im
Bund zu gewinnen. Grundlage dafür war ein vom Kabinett in den
Bundesrat eingebrachter Gesetzentwurf, nachdem der Landtag mit
breiter Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte.
Leider lässt der längst überfällige Beitrag zur Entlastung vor allem
der kleinen und mittleren Unternehmen weiter auf sich warten.
Bedauerlich ist zudem, dass auch Sachsens Vorschläge zu
Mindestlöhnen, die branchen- und regionalspezifischen Gegebenheiten
Rechnung tragen, im Bund kaum erhört wurden. Zu befürchten ist
jetzt, dass ein flächendeckender, branchenübergreifender
gesetzlicher Mindestlohn gerade im ländlichen Raum viele
Arbeitsplätze kosten wird – in Regionen also, die es ohnehin schwer
haben, wirtschaftlich tragfähige Strukturen aufzubauen. Mit einem
Thema immerhin hat Sachsen über den Bundesrat punkten können: mit
dem Wegfall der Mehrwertsteuer auf Tafelspenden. Dies hat vor allem
im Nahrungsmittelhandwerk für ein Aufatmen gesorgt.
DHZ: Auf welchen Gebieten wurden Erwartungen des Handwerks
durch die CDU/FDP-Koalition nicht oder nur unzureichend erfüllt?
Ermer: Handlungsbedarf gibt es sicherlich beim Thema Innere
Sicherheit. Durch frühzeitige Intervention haben wir Handwerker
zumindest erreicht, dass das Konzept „Polizei Sachsen 2020“ mit
ursprünglich geplantem Stellenabbau von rund 11.500 Polizisten auf
etwa 8.000 öffentlich hinterfragt wird. Schließlich belegt die
Kriminalitätsstatistik im Freistaat, dass Autodiebstahl, Einbruchs-
und Grenzkriminalität die Menschen stark verunsichern. Für 2015 ist
eine Überprüfung der Polizeireform geplant. Dass Bund, Land und
regionales Handwerk über dieses wichtige Thema inzwischen an einem
Tisch beraten, ist maßgeblich dem beharrlichen Wirken der
Handwerkskammern zu danken. Erst Anfang Juli gab es in Dresden ein
Gespräch mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Sachsens
Ressortchef Markus Ulbig und sächsischen Handwerksvertretern. Wir
sind also in engem Kontakt mit der Politik, dürfen hier aber auch
nicht lockerlassen, wenn wir Sachsens Ruf als attraktiven
Wirtschafts- und Tourismusstandort bewahren wollen. Für Handwerker
nach wie vor ein Ärgernis ist der hohe bürokratische Aufwand, der
sich vor allem in zeitraubenden Berichts- und Aufzeichnungspflichten
an die Statistikbehörden zeigt. Bei dieser „Baustelle“, so zumindest
das subjektive Empfinden vieler Handwerksunternehmer, scheinen wir
noch immer auf der Stelle zu treten.
DHZ: Welche Aufgaben muss die künftige Landesregierung
vordringlich in Angriff nehmen?
Ermer: Zuallererst erwarten wir, dass sich die neue
Landesregierung gemeinsam mit dem Bund und den deutschen
Europaabgeordneten noch eindringlicher für den Erhalt des
Meisterbriefs als qualifikationsgebundenen Berufszugang im Handwerk
einsetzt. Dafür gibt es gute Gründe, zumal die bewährte duale
Ausbildung im Handwerk ohne Meisterbetriebe undenkbar ist. Die
Meisterqualifikation sichert nun einmal im Handwerk maßgeblich den
Fachkräftenachwuchs. Hinzu kommt: Die duale Berufsausbildung ist
praktisch nur möglich, wenn es – gerade auch im ländlichen Raum -
eine langfristig stabile und bedarfsgerechte Struktur an
Berufsschulen gibt. Um Fachklassen-Spezialisierungen einzelner
Zentren wird man nicht umhinkommen. Hier müssen Wege gefunden
werden, um diese Entwicklung auf Landesebene zu koordinieren und in
die gewünschten Bahnen zu lenken. Schließlich erwarten wir von der
künftigen Landesregierung, dass der ländliche Raum generell weiter
gestärkt wird. Wirtschaftspolitisch gefragt sind also Impulse, damit
sich kleine und mittlere Unternehmen ansiedeln und wachsen können.
Notwendig ist aber zum Beispiel auch, die Breitbandversorgung
(Internet) forciert auszubauen.
Bild: Handwerkstag-Präsident Roland Ermer (Foto: Sächsischer Handwerkstag/Wolfgang Schmidt)
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