Dresden, 13. Juni 2016
Handwerksbetriebe mit soliden Wachstumschancen stärken
Sächsischer Handwerkstag: Potenziellen Unternehmer-Nachwuchs nicht durch ausufernde Arbeitskosten und hohe Bürokratie-Auflagen abschrecken!
Angesichts eines zunehmenden Mangels an Fachkräften und Unternehmensgründern in Deutschland hat der Sächsische Handwerkstag die Politik aufgefordert, wieder mehr für ein investitionsfreundliches Umfeld zu sorgen. „Offensichtlich liegt es nicht nur an der boomenden Binnenkonjunktur, sondern auch an den Rahmenbedingungen, wenn sich sogar unternehmerisch begabte Menschen eher für eine abhängige Beschäftigung entscheiden“, wie der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Roland Ermer, am Montag vor Medienvertretern in Dresden sagte.
Größter Hemmschuh für eine Belebung der Gründerszene im Handwerk sind laut Handwerkstag vor allem schwer kalkulierbare Risiken wie „Arbeitskosten, die aus dem Ruder zu laufen, sowie bürokratische Auflagen, die die Grenzen des Zumutbaren zu sprengen drohen“. Gerade in personalintensiven Handwerksfirmen zeige sich jeden Tag aufs Neue, dass hohe Lohnnebenkosten zugleich die Kosten für Produkte und Dienstleistungen nach oben treiben. „Dies kann man Kunden kaum noch erklären“, so der Präsident. Zu schaffen machen Kleinbetrieben – ungeachtet gegenteiliger Beteuerungen der Politik – nicht minder die ungebremst hohen Bürokratielasten im Geschäftsalltag. Melde-, Berichts- und Dokumentationspflichten beanspruchten nach wie vor „eine Unmenge an Zeit nach Feierabend und an Wochenenden“.
Rückläufige Betriebszahlen differenziert betrachten
Für eine differenzierte Sicht wirbt das Handwerk beim Blick auf die Betriebsstatistik. Nach einer – forciert durch die Handwerksrecht-Reform 2004 – rasanten Ausweitung des Betriebsbestands über Jahre hinweg hat sich der Trend im Sachsen-Handwerk nunmehr umgekehrt: Seit 2013 gehen die Zahlen langsam, aber stetig zurück. Ausschlaggebend dafür sind strukturwandelbedingte Gewerbeschließungen, vor allem aber die Abmeldung von Ein-Personen-Unternehmen. „Offenbar sind Konjunkturhoch und zunehmender Fachkräftebedarf in etablierten Firmen, aber auch Verbraucherwünsche nach `Leistungen aus einer Hand´ für Solo-Selbstständige jetzt kein so günstiger Nährboden mehr wie noch vor zehn Jahren“, resümierte Ermer.
Tendenziell gestärkt werden – so der Handwerkstag-Präsident – dürfte die „Wirtschaftsmacht von nebenan“ im Endeffekt, wenn qualifizierte Handwerker aus dem einstigen Solo-Selbstständigen-Dasein als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wieder in wettbewerbsfähige Betriebe wechseln. Zu beobachten sei dies insbesondere bei Handwerksfirmen des Bau- und Ausbaugewerbes.
Handwerk wieder zu alter Stärke führen – Erfahrungen nutzen
Generelles Anliegen der „großen Politik“ sollte aus Handwerkssicht sein, die gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppe Handwerk durch mehr Wachstum und Beschäftigung zu stärken. Berücksichtigt werden sollten hierbei auch Negativ-Erfahrungen in Umsetzung der Handwerksrecht-Novelle 2004. An Wirtschaftskraft zugelegt – mit nachweislich volkswirtschaftlichen Effekten – hat die „Wirtschaftsmacht von nebenan“ seither kaum.
Vielmehr vollzog sich im Wirtschaftsbereich Handwerk eine Aufspaltung in Kleinstbetriebe (mit bis zu drei Beschäftigten) einerseits und Großunternehmen mit mehr als 50 oder 100 Beschäftigten andererseits. Inhabergeführte Meisterbetriebe mit acht bis zehn Fachkräften und ein, zwei Lehrlingen – wie sie fürs Handwerk noch bis vor zehn Jahren typisch waren – gerieten demgegenüber zunehmend unter Druck. „Soll diesem Erosionsprozess Einhalt geboten werden und die Gruppe von Meisterbetrieben mit soliden Wachstumschancen – quasi die Mitte des Handwerks – wieder deutlich an Ausstrahlungskraft gewinnen, muss auch seitens der Politik aktiv gegengesteuert werden“, sagte der Handwerkstag-Präsident.
Hintergrund:
Wurden im sächsischen Handwerk 2003 alles in allem 50.962 Betriebe gezählt, so waren es 2008 bereits 58.194. Ende 2013 belief sich der Betriebsbestand auf 59.658. – Inzwischen (Stand: 31. März 2016) gehören zum Handwerk im Freistaat 57.978 Betriebe; 321 weniger als zu Jahresbeginn 2016.
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