Dresden, 3. Juni 1998
Handwerk Sachsens steckt weiterhin im Konjunkturtief
Das sächsische Handwerk steckt nach wie vor in einem konjunkturellen Tief, das insgesamt durch rückläufige Umsätze, Preisverfall und eine Verschlechterung der Auftragslage in den zurückliegenden sechs Monaten gekennzeichnet ist. Beeinflußt wird das Meinungsbild vor allem durch die angespannte Situation im Bau- und Ausbaugewerbe, so daß die Erwartungen im Handwerk für das kommende Halbjahr verhalten sind. Dieses Fazit ergibt sich aus den Ergebnissen zur Frühjahrskonjunkturanalyse im sächsischen Handwerk ´98, die Handwerkstag-Vorstandsmitglied Joachim Dirschka, Präsident der Handwerkskammer zu Leipzig, am Mittwoch vor Journalisten in Dresden erläuterte.
Belegt wird die Gesamteinschätzung durch Aussagen zur Geschäftslage (Umsatz, Preise, Gewinne), die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen weiteren Abwärtstrend signalisieren. So beurteilten 35 % der befragten Betriebe die Situation als schlecht, lediglich 16 % als gut. Hintergrund dieser Einschätzung sind der allgemeine Reformstau bei Steuern und Abgaben, die Anhebung der Krankenkassenbeiträge sowie der über die Einschränkungen der Rückstellungen erkaufte Verzicht auf die Gewerbekapitalsteuer in den neuen Ländern.
Geprägt wird das Konjunkturbild im sächsischen Handwerk insbesondere von der Lage im Bau- und Ausbaugewerbe, die sich im Berichtszeitraum deutlich verschlechterte. Beurteilten noch vor einem Jahr 31 % der Firmen aus dem Bauhauptgewerbe die Situation als schlecht, so waren es im Frühjahr ´98 immerhin 38 %. In den Umfrageergebnissen der Bauwirtschaft manifestiert sich die derzeit im Freistaat herrschende Überlagerung von konjunktureller und struktureller Krise, die aus den rückläufigen Aufträgen und einer zu starken Betriebsdichte erwächst. - Positive Signale kamen dagegen im Regierungsbezirk Dresden u.a. aus dem Dienstleistungssektor (jeder fünfte Betrieb) sowie im Raum Chemnitz aus dem Metallbereich (jedes dritte Unternehmen).
Wegen Gesamtvollstreckung bzw. wegen finanzieller Schwierigkeiten mußten 1997 in Sachsen insgesamt 853 Handwerksbetriebe aufgeben.
Durchgehend verhalten sind die Geschäftserwartungen der Betriebe für die Saison: Nur jedes fünfte Unternehmen rechnet mit einer Belebung; 29 % hingegen sehen schlechten Zeiten entgegen.
Weiter rückläufig entwickelten sich im Berichtszeitraum in vielen Branchen die Umsätze. Während 58 % der befragten Unternehmen, darunter vor allem aus dem Bau- und Ausbau- sowie aus dem Kfz-Gewerbe, Einbußen hinnehmen mußten, erzielte nur jedes zehnte Unternehmen ein Umsatzplus. Die stärksten Einbrüche meldeten Firmen aus den Regierungsbezirken Chemnitz und Dresden (61 % der Befragten).
Bezüglich der Beschäftigtensituation konnten 69 % der Handwerksbetriebe die Belegschaft trotz unbefriedigender Konjunktur konstant halten; 8 % stellten sogar zusätzliches Personal ein, 23 % mußten die Zahl der Beschäftigten verringern. Der Abbau konzentrierte sich auch hier auf das Bau- und Ausbaugewerbe - hierin kommen partiell auch jahreszeitbedingte Effekte zum Tragen. Regional fiel der Rückgang an Beschäftigten in Leipzig am deutlichsten aus: Einem Anteil von 8 % an Betrieben mit Neueinstellungen standen 32 % mit Personalabbau gegenüber.
Keine guten Nachrichten auch in puncto Auftragslage: Nahezu jeder zweite Betrieb (48 %), darunter wiederum vor allem aus der Bau- und Ausbau-, aber auch aus der Kfz-Branche, meldete im vergangenen Halbjahr rückläufige Auftragsbestände. Nur 9 % konnten einen Zuwachs verzeichnen. Mit einer Besserung 1998 rechnet unter anderem das Kfz-Handwerk.
Unverändert kritisch stellte sich die Entwicklung bei den Verkaufspreisen dar. Fast jeder dritte Betrieb mußte Preiszugeständnisse machen, lediglich 10 % konnten höhere Preise durchsetzen. Besonders dramatisch zeigte sich die Lage im Baubereich, wo jeder zweite Betrieb niedrigere Preise kalkulieren mußte. Auch im Ausbau- sowie im Metallgewerbe sanken die Preise. Für die nahe Zukunft erhoffen 20 % der Betriebe höhere Preise; 21 % rechnen mit weiteren Preisstürzen.
Negative Auswirkungen hatte die komplizierte Wirtschaftslage ebenfalls auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen: 50 % der Firmen senkten derartige Aktivitäten; nur 13 % legten zu. Bei der Investitionsbereitschaft lag im Regierungsbezirk Leipzig die größte Zurückhaltung vor. Da im Handwerk bereits seit Jahren kaum noch investiert wird, ist eine Verschlechterung der Substanz gerade in technik- bzw. technologieintensiven Bereichen zu befürchten, die die Wettbewerbsfähigkeit in den betreffenden Branchen einschränken wird.
- An der repräsentativen Frühjahrskonjunktur-Umfrage ´98 des Sächsischen Handwerkstages beteiligten sich 3 384 Betriebe.
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