Dresden, 9. Oktober 2002
Hände weg vom Meisterbrief im Handwerk!
Sächsischer Handwerkstag: Rot-Grün ignoriert
volkswirtschaftliche Bedeutung des Meisterbriefs
Die im Zuge der rot-grünen Koalitionsverhandlungen erneut ins Spiel gebrachten Überlegungen, den Meisterbrief als Voraussetzung zur Führung eines Handwerksbetriebes weitgehend zu entwerten, stoßen im Sächsischen Handwerkstag auf massiven Protest. Sollte der Meisterbrief als erfolgreiches und flexibles Instrument der Wirtschaftspolitik in seiner bisherigen Struktur aufgegeben werden, würde Deutschlands handwerklicher Mittelstand in seiner Substanz ernsthaft gefährdet. Das erklärte Handwerkstag-Präsident Joachim Dirschka am Mittwoch in Dresden. Ein „Verfall des anerkannt hohen Qualifikationsniveaus und Qualitätsstandards im Vollhandwerk“ wäre zwangsläufig die Folge.
„Statt an die Wurzeln zu gehen und die wirklichen Ursachen unternehmerischer Zurückhaltung – steigende Lohnnebenkosten, hohe Abgaben und Steuern – zu beseitigen, versucht die rot-grüne Bundesregierung, längst entkräftete Behauptungen wiederzubeleben“, so der Präsident. Wider besseren Wissens werde kolportiert, dass durch die geltende Meisterbrief-Regelung Existenzgründungen verhindert würden.
Unterschlagen wird nach Dirschkas Worten vor allem, dass Deutschlands Handwerk erst aufgrund der einzigartigen institutionalisierten Qualifizierung zum Unternehmer mit immerhin etwa 50 % von jährlich durchschnittlich 30.000 Meisterabsolventen im Vergleich zu anderen Sektoren (z.B. Hochschulabsolventen: unter 12 %) eine überdurchschnittlich hohe Selbstständigenquote aufzuweisen hat. Diese Quote läge weitaus höher, wenn junge Meisterabsolventen nicht durch steigende Lohnnebenkosten, Steuern und Bürokratielasten abgehalten würden, sich selbstständig zu machen.
Volkswirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch bedeutsam sei ebenso, dass die Insolvenzquote im Handwerk nur halb so hoch wie in anderen Wirtschaftsbereichen ist.
Völlig unbeachtet bleibe zudem, dass Meisterbetriebe in den zurückliegenden Jahren einen außerordentlich hohen Beitrag geleistet haben, um qualifizierten Berufsnachwuchs aus- und fortzubilden. Dieser vom Handwerk fachlich ausgebildete Nachwuchs habe sich im Übrigen auch in vielen anderen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft bestens bewährt.
Dirschka erinnerte daran, dass der Meisterbrief seit 1990 gerade auch in Ostdeutschland deutlich zum Aufbau wirtschafts- und beschäftigungspolitisch stabiler Handwerksexistenzen beigetragen hat. So erhöhte sich allein in Sachsen die Zahl der Vollhandwerksbetriebe seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung um etwa 10.000 auf derzeit mehr als 40.000. Einschließlich der handwerksähnlichen Gewerbe gibt es im Freistaat heute rund 51.000 Unternehmen im Handwerk. Parallel dazu stieg die Zahl der Beschäftigten pro Handwerksbetrieb von durchschnittlich drei (im Jahr 1990) auf acht im Jahr 2001.
Nach Presseberichten vom Mittwoch (9. Oktober 2002) plant die rot-grüne Koalition, die gesetzliche Bestimmung zu lockern, wonach Handwerksbetriebe nur von geprüften Meistern geführt werden dürfen. Damit solle u.a. das Nachfolgeproblem in Handwerksbetrieben gelöst werden, deren Inhaber aus dem Berufsleben ausscheiden. Erfahrene Handwerksgesellen, die eine Firma von ihrem Meister übernehmen wollen, sollen auch ohne eigenen Meisterbrief tätig sein können.
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