Dresden, 16. Juni 2003
Ausbildungsplatzabgabe schafft keine betrieblichen Lehrstellen
Sächsischer Handwerkstag: Ausbildungsquote im Handwerk trotz schwieriger
Konjunkturlage sehr hoch / Ziel für 2003/2004: rund 9.000 neue Lehrstellen
Vor dem Hintergrund der angespannten Lage auf dem Lehrstellenmarkt hat der
Sächsische Handwerkstag erneut an die Regierungspolitik appelliert, die
Ausbildungsanstrengungen der gewerblichen Wirtschaft „nicht durch
kostentreibende und bürokratische Maßnahmen wie die Einführung einer
Ausbildungsplatzabgabe“ zu behindern. Die nicht nur auf dem Arbeitsmarkt,
sondern auch in der beruflichen Ausbildung komplizierte Situation sei
keineswegs einer „trotzigen Abwehrhaltung aus dem Unternehmerlager“, sondern
vor allem verkrusteter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen geschuldet. Viele
Handwerker zeigten sich aber auch durch die derzeitigen „rot-grünen Attacken
auf die Handwerksordnung“ verunsichert.
Wie Präsident Joachim Dirschka am Montag vor der Presse in Dresden weiter
sagte, werden die aus einer möglichen Zwangsabgabe resultierenden
Belastungen die ohnehin schwierige Wettbewerbssituation gerade der kleinen
und mittleren Unternehmen verschärfen. „Betriebliche Lehrstellen schafft man
so jedenfalls nicht! Ebenso befürchten wir, dass eine staatliche Förderung
außerbetrieblicher Ausbildung letztlich vor allem dazu führt, junge Leute am
Bedarf des Arbeitsmarktes vorbei auszubilden.“ Darüber hinaus gebe es
bereits heute – trotz Lehrstellenmankos – auch im Handwerk einige Branchen
(Gebäudereiniger, Nahrungsmittelhandwerk), die kaum geeignete Bewerber
fänden. „Sollen auch Betriebe solcher Branchen durch eine Zwangsabgabe
bestraft werden?“
Statt die bislang im dualen System organisierte betriebliche Ausbildung
zunehmend in staatliche Hände (außerbetriebliche Ausbildung) zu verlagern,
sollte die Bundesregierung endlich die notwendigen Strukturreformen in der
Gesundheits-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf den Weg bringen, so
Dirschka. Erst wenn sowohl Unternehmer als auch Verbraucher wieder über
größere finanzielle Spielräume verfügten, werde auch binnenwirtschaftlich
der Konjunkturmotor anspringen und zu deutlich mehr Wachstum, Beschäftigung
und Ausbildung beitragen.
Mit Verweis auf den jüngsten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung
erinnerte Dirschka daran, dass die Ausbildungsbereitschaft in der gesamten
gewerblichen Wirtschaft in den zurückliegenden zehn Jahren zurückgegangen
ist. Lag die Ausbildungsquote in der Gesamtwirtschaft – Anteil der Lehrlinge
an der Zahl der Beschäftigten – Anfang der 90-er Jahre noch bei 7,1 %, so
betrage diese jetzt nur noch 5,6 %. Kleine Betriebe erbringen nach wie vor
einen überproportionalen Teil der Ausbildungsleistung: In Unternehmen mit
bis zu neun Beschäftigten liegt die Quote zuletzt bei 7,8 %, in Betrieben
mit mehr als 500 Beschäftigten bei 4,3 %.
Im sächsischen Handwerk liegt die Ausbildungsquote ungeachtet der sich seit
Jahren verschlechternden Rahmendaten derzeit bei 9,9 %. Konkret heißt das:
Nahezu jeder zehnte Beschäftigte im sächsischen Handwerk ist ein Lehrling;
insgesamt erhalten im sächsischen Handwerk derzeit rund 30.000 junge Leute
eine qualifizierte, am Markt orientierte Berufsausbildung.
Mit umfangreichen Maßnahmen unterstützt die Handwerksorganisation die
gemeinsame „Ausbildungsplatzoffensive 2003“ von Politik, Wirtschaft und
Gewerkschaften. So werden etwa ausbildungsberechtigte Handwerksunternehmen
auf der Suche nach geeignetem Berufsnachwuchs von Ausbildungsplatzberatern
und Ausbildungsplatzentwicklern der Handwerkskammern umfassend unterstützt.
Allein 2002 konnten dadurch im sächsischen Handwerk mehr als 1.000
zusätzliche betriebliche Lehrstellen akquiriert werden.
Darüber hinaus veranstalten die Kammern für Schüler der Klassenstufen 8 – 10
„Tage der offenen Tür“ in den Bildungszentren des Handwerks und informieren
mit der kürzlich in zweiter, überarbeiteter und erweiterter Auflage
herausgekommenen Multimedia CD-ROM „Bildungswege im neuen Jahrtausend – das
Handwerk“ anschaulich über Karrieremöglichkeiten im Handwerk.
Präsident Dirschka: „Selbstverständlich werden unsere
ausbildungsberechtigten Handwerksbetriebe auch in diesem Jahr alle Kräfte
mobilisieren, um den überproportionalen Anteil an der Qualifizierung der
Lehrstellenbewerber zu halten. Unser Ziel für das Ausbildungsjahr 2003/2004
im sächsischen Handwerk ist es, wieder die Vorjahresmarke von knapp 9.000
Lehrstellen zu erreichen – vorausgesetzt, dass uns die Politik nicht mit
neuen Kostenlasten einen Strich durch die Rechnung macht.“
Pressekontakt:
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