Presseinformation
Dresden/Bonn, 22. April 1999
Handwerklicher Meisterbrief in Deutschland darf nicht
verwässert werden!
Arbeitsgespräch des Vorstandes des Sächsischen Handwerkstages mit
Sachsens Bundestagsabgeordneten in Bonn
Angesichts politischer Bestrebungen, die Bestimmungen zum Erwerb des "Großen Befähigungsnachweises" (Meisterbrief) wesentlich zu lockern, hat der Sächsische Handwerkstag vor einer ernsthaften Schwächung des handwerklichen Mittelstandes in Deutschland gewarnt. Der Meisterbrief als ein nachweislich erfolgreiches Instrument der Wirtschaftspolitik müsse "in seiner bisherigen Form uneingeschränkt erhalten" bleiben, forderte Handwerkstag-Präsident Wolfgang Rühlig am Donnerstag abend vor sächsischen Bundestagsabgeordneten in Bonn.
Rühlig betonte, daß der Meisterbrief maßgeblich zum Aufbau sicherer Existenzen im Handwerk beigetragen habe. Dies belege vor allem die Entwicklung des ostdeutschen Handwerks seit 1990. So erhöhte sich die Zahl der Handwerksbetriebe seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung allein in Sachsen um rund 13.000 auf derzeit annähernd 43.000. - Einschließlich der handwerksähnlichen Gewerbe gibt es im Freistaat heute mehr als 51.000 Unternehmen im Handwerk. Parallel dazu stieg die Zahl der Beschäftigten pro Handwerksunternehmen von durchschnittlich drei (im Jahr 1990) auf mittlerweile zehn im Jahr 1998.
Darüber hinaus, so der Präsident, motiviere die "einzigartige institutionalisierte Qualifizierung zum Unternehmer" mit dem Ergebnis Meisterbrief in besonderer Weise zur Selbständigkeit. So habe Deutschlands Handwerk im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren mit etwa 50 % von jährlich rund 40.000 Meisterabsolventen eine überdurchschnittliche Selbständigenquote. In Sachsen erwarben seit 1992 jedes Jahr im Durchschnitt 2.225 junge Handwerkerinnen und Handwerker den Meisterbrief. Volkswirtschaftlich bedeutsam ist Rühlig zufolge nicht minder, daß die Insolvenzquote im Handwerk nur halb so hoch wie in anderen Wirtschaftsbereichen ist.
Hintergrund der Diskussion sind zunehmende Bestrebungen aus den Reihen der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, das wirtschaftspolitisch bewährte Meisterprinzip als Voraussetzung zur Führung eines vollhandwerklichen Gewerbes in Frage zu stellen. Laut Koalitionsvertrag ist es Ziel der rot-grünen Bundesregierung, das "Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung)" so zu ändern, daß der Meisterbrief künftig auch "nach der Existenzgründung berufsbegleitend" erworben werden kann.
Aus Sicht des Handwerks erübrigt sich eine solche Regelung schon deshalb, weil die Handwerksordnung seit langem befristete Ausnahmebewilligungen vorsieht, z.B. um Betriebsübernahmen durch Gesellen, Meisterfrauen oder Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit heraus zu ermöglichen.
Pressekontakt: