Presseinformation
Dresden, 12. Juni 2006 Gewerbliche kommunale Tätigkeit verzerrt Wettbewerb am Markt In Auswertung bislang gesammelter Erfahrungen des 2003
novellierten Gemeindewirtschaftsrechts (Sächsische Gemeindeordnung) dringt
das sächsische Handwerk erneut auf gesetzgeberische Aktivitäten. Für das
Handwerk habe sich seither nichts zum Besseren gewendet. „Nach wie vor ist
der Wettbewerb ausgehebelt, wenn mit Steuergeldern subventionierte kommunale
Unternehmen am Markt gegen jene Betriebe ins Rennen gehen, die täglich auf
eigenes Risiko und eigene Rechnung hart um Aufträge kämpfen müssen“, wie der
Präsident des Sächsischen Handwerkstages, Joachim Dirschka, am Montag vor
der Presse in Dresden erklärte. Nach Einschätzung des Handwerkstages haben Kommunen des
Freistaats in den zurückliegenden Jahren ihre gewerblichen Aktivitäten in
Zahl und Geschäftsfeldern eher erweitert. In vielen Fällen gingen die
Geschäftsfelder über das öffentliche Interesse und die originäre
Daseinsvorsorge hinaus, bestehe das Ziel offenbar vor allem darin, die
klammen kommunalen Haushalte aufzubessern. Im Bereich des Handwerks von
derartigen „Eingriffen“ betroffen sind etwa das Baugewerbe, das
Gebäudereiniger- sowie das Bestattungsgewerbe. – Laut sächsischem
Innenministerium gab es Ende 2004 im Freistaat bereits 1.048 kommunale
Unternehmen; Ende 1999 waren es noch 880. Bedrohlich ist diese Entwicklung aus Sicht des Handwerks
vor allem deshalb, weil Quersubventionierungen und mangelnde Transparenz den
kommunalen Unternehmen ermöglichen, Preise zum Nachteil privater Anbieter zu
kalkulieren und am Markt durchzusetzen. Auf diese Weise werden massiv
Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft bedroht. Zudem bleiben
Privatunternehmen gegenüber den multifunktional agierenden Kommunen – und
zwar als Steuerbehörde, Ordnungs- und Planungsinstanz, Auftraggeber und
Wettbewerber – in der Praxis ohne echte Chance, sich in einem fairen
Wettbewerb am Markt zu behaupten. „Schließlich stehen auch personelle
Verflechtungen zwischen Räten, Verwaltungen und kommunalen Unternehmen einem
fairen Interessenausgleich zwischen Kommunalwirtschaft und einheimischer
Privatwirtschaft entgegen“, sagte Dirschka. Zu schaffen macht die wirtschaftliche Betätigung von
Kommunen im gewerblichen Bereich seit Jahren der sächsischen Bauwirtschaft.
Wie Handwerkstag-Vorstandsmitglied Andreas Baumann unter
Bezug auf eine vom Sächsischen Bauindustrieverband e.V. zum Jahreswechsel
2005/2006 veröffentlichte Studie ausführte, entspreche das Umsatzvolumen
kommunaler Unternehmen im Freistaat zirka 15 Prozent der Erlöse der gesamten
sächsischen Wirtschaft. Etwa drei Prozent der Umsatzerlöse kommunaler Unternehmen
stammten aus der Erbringung von Bau- bzw. Baunebenleistungen. Auf der Basis
der zuletzt für 2002 veröffentlichten Umsätze in kommunalen Unternehmen
lasse dies auf ein Bauvolumen von rund 250 Millionen Euro schließen. „Dieses
Bauvolumen wiederum entspricht einem Beschäftigungspotenzial von mehr als
3.500 Stellen, das damit der privaten Baubranche in Sachsen vorenthalten
wurde“, kritisierte Baumann. Diesem unsäglichen Trend müsse schnellstens ein
Ende bereitet werden. Als Konsequenz aus derartigen Verwerfungen und
Fehlentwicklungen forderte der Sächsische Handwerkstag die Landespolitik
nachdrücklich auf, Kommunen das Errichten, Übernehmen oder Erweitern eigener
Unternehmen fortan nur noch dann zu gestatten, wenn der öffentliche Zweck
nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt
werden kann (echte Subsidiaritätsklausel). Dabei seien öffentliches
Interesse und fehlende private Anbieter bei jedweder Art kommunaler
gewerblicher Tätigkeit nachzuweisen. Darüber hinaus müssten Kommunen prinzipiell verpflichtet
werden, sich tatsächlich und zugleich für jedermann transparent auf Aufgaben
der öffentlichen Daseinsvorsorge zu beschränken. Dies setze allerdings
voraus, dass der Gesetzgeber den Begriff „Daseinsvorsorge“ zunächst einmal
konkret und unmissverständlich definiert. An die sächsischen Kommunen selbst appellierte die
Spitzenorganisation des Handwerks im Freistaat, konsequenter als bisher die
Privatisierung öffentlicher Leistungen in Betracht zu ziehen. Der Sächsische Handwerkstag vertritt mehr als 56.000
Betriebe, in denen etwa 320.000 Menschen beschäftigt sind.
Pressekontakt:
Handwerkstag fordert erneute Novellierung des
Gemeindewirtschaftsrechts / Klare Definition des Begriffs der
Daseinsvorsorge nötig
Sächsischer Handwerkstag
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