Dresden, 17. November 2008
Strukturreformen in Deutschland im Blick
behalten!
Sächsischer Handwerkstag: Steueraufkommen darf nicht
schneller wachsen als das Bruttoinlandsprodukt
Mit Blick auf die von der Berliner Politik veranlassten Schritte gegen einen drohenden Konjunktureinbruch wirbt der Sächsische Handwerkstag dafür, zugleich „unvermeidliche strukturelle Reformen“ in Deutschland nicht außer Acht zu lassen. Zwar seien die Maßnahmen aus dem 15-Punkte-Hilfsprogramm geeignet, die Nachfrage in der Realwirtschaft anzukurbeln und sich in hohem Maße selbst zu finanzieren. Trotzdem müsse oberstes Ziel bleiben, „Bürger und Unternehmen so zu entlasten, dass sie wieder über mehr Netto vom Brutto verfügen“.
Handwerkstag-Präsident Joachim Dirschka wertete am Montag vor Journalisten in Dresden das Konjunkturpaket der Regierungskoalition – auch aufgrund eines Vertrauensschwunds in das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem wegen des Finanzmarkt-Debakels – als „richtiges flankierendes Signal“. Hilfreich seien der verbesserte Investitionsabzugsbetrag für kleine und mittlere Unternehmen sowie die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter. „Impulse versprechen wir uns zudem von der Aufwertung des Steuerbonus auf bestimmte Handwerksleistungen“, sagte Dirschka. Zu begrüßen sei ebenso die Aufstockung des CO-2-Programms für die Gebäudesanierung, zumal hiervon Handwerk, Vermieter, Mieter und auch die Umwelt gleichermaßen profitierten.
Darüber hinaus, so der Präsident, unterstützt das Handwerk mit Nachdruck den Vorschlag des Sachverständigenrates, die ohnehin geplanten staatlichen Investitionen – darunter in bereits genehmigte Infrastrukturprojekte sowie in Bildungsaufgaben – vorzuziehen.
Hauptaufgabe für die Politik bleibt aus Handwerkssicht dennoch, sowohl „Otto Normalverbraucher“ als auch einheimische Unternehmen von Steuern und Abgaben nachhaltig zu entlasten. „Nicht nur für den Staat, auch für die Angehörigen der Mittelschicht muss sich Leistung am Ende wieder lohnen“, forderte Sachsens Handwerkspräsident. – Allein zwischen 2005 und 2007 nahm der Staat 95 Milliarden Euro zusätzlich an Steuern ein; das sind jedes Jahr etwa 30 Milliarden Euro (6,8 Prozent) mehr. Demgegenüber wuchs das Bruttoinlandsprodukt im gleichen Zeitraum nominal lediglich um 3,1 Prozent.
Als kontraproduktiv für Handwerk und Verbraucher erwies sich vor allem die 2007 um drei Prozentpunkte angehobene Mehrwertsteuer. Damit wurden dem deutschen Markt bislang rund 24 Milliarden Euro an Kaufkraft entzogen.
Vordringlichen Reformbedarf gibt es laut Sächsischem Handwerkstag für den Bereich der Lohn- und Einkommensteuer.
Durch das in Deutschland praktizierte System der „kalten Progression“ – einer Art heimlicher Steuererhöhung – würden sich Lohn- bzw. Gehaltszuwächse für die Beschäftigten kaum noch auszahlen, so Dirschka. „Denn der Staat hält bei der Lohn- und Einkommensteuer selbst dann noch die Hand auf, wenn Entgelterhöhungen nur die Inflation ausgleichen und der Bürger unterm Strich gar nicht mehr Geld zur Verfügung hat.“ Dieser Systemfehler im Tarifverlauf müsse daher schnellstens korrigiert werden.
Für eine Rückkehr zu eigentlichen Aufgaben plädiert das Handwerk bei der Arbeitslosenversicherung. Zwar sei die Absenkung des Beitrags auf 2,8 Prozent richtig. Offen bleibe dennoch die Frage, „warum Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch immer dafür herangezogen werden, die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen mit fünf Milliarden Euro zu finanzieren“.
Mit erheblichen Einbußen für Beitragszahler gesetzlicher Krankenkassen – „und zwar Einbußen, die auch sinkende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht auffangen können“ – rechnet die Landeshandwerksvertretung ab 2009. Das Nachsehen dürften vor allem Beschäftigte aus Handwerk und Mittelstand haben, die im Freistaat bei IKK und AOK aktuell sehr günstig krankenversichert sind. Zweifel äußerte Dirschka erneut, ob die gesetzliche Festsetzung von Krankenkassenbeiträgen tatsächlich zu mehr Effizienz und geringeren Kosten führen werde als ein vernünftig organisierter Wettbewerb unter Krankenkassen.
Als größte Landeshandwerksorganisation im Osten Deutschlands vertritt der Sächsische Handwerkstag derzeit mehr als 58.000 Betriebe mit annähernd 330.000 Beschäftigten.
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Hinweis: Beachten Sie bitte hierzu auch die Presseinformation „Das aktuelle Stichwort: Steuerbonus auf Handwerksleistungen“ vom 17. November 2008.
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