Presseinformation
Dresden, 13. Juni 2005
Handwerk sieht sich zunehmend im Würgegriff der Bürokratie Angesichts einer zunehmenden Flut an bürokratischen
Vorschriften hat der Sächsische Handwerkstag die Politik aufgefordert,
bisherigen Lippenbekenntnissen endlich Taten folgen zu lassen und die
gewerbliche Wirtschaft von administrativen Verpflichtungen zu entlasten. „Es
ist aus unserer Sicht einfach grotesk, wenn die Regierenden auf Bundesebene
einerseits mit einem `Masterplan Bürokratieabbau` Politik machen, die
Unternehmer in der Praxis andererseits aber immer mehr zu Erfüllungsgehilfen
für den Staat degradiert werden.“ Handwerkstag-Präsident Joachim Dirschka sagte am Montag
vor Journalisten in Dresden, den Unternehmern machten nicht nur Gesetze,
sondern in erster Linie die vielen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften
das Leben schwer. Vor allem Kleinst- und Kleinunternehmen hätten unter den
regelmäßigen Berichts- und Meldepflichten, Kontrollen und Statistiken zu
leiden, wie jüngste Erhebungen belegen. Diese unentgeltliche Arbeitszeit
gehe den Meistern in den Betrieben zu Lasten ihrer eigentlichen
unternehmerischen Tätigkeit verloren. Zudem gebe es bei den Regelungen oft
inhaltliche Überschneidungen, die erst bei der Umsetzung in der täglichen
Praxis sichtbar würden. Nach einer Untersuchung des Instituts für
Mittelstandsforschung, Bonn, von 2004 benötigt in Handwerksbetrieben (mit
bis zu neun Beschäftigten) jeder Mitarbeiter pro Jahr 70,4 Stunden zur
Erledigung bürokratischer Pflichten; bei Betrieben mit 50 bis 99
Beschäftigten beläuft sich die Belastung auf 16,9 Stunden pro Kopf und Jahr.
– In Unternehmen dieser Größenordnung sind mehr als 46 % des
Bürokratieaufkommens vom Unternehmer persönlich zu tragen. Die größten
„Zeitfresser“ im Bürokratiealltag betreffen Berichts- und Meldepflichten für
Steuern und Abgaben (42,6 %), Sozialversicherung (30,1 %), Arbeitsschutz
(11,4 %) und für die Statistik (10,9 %). „Im gesamten deutschen Handwerk betragen die geschätzten
Kosten zwischen 6 und 7 Milliarden Euro pro Jahr. Auf das sächsische
Handwerk entfallen allein etwa 420 Millionen Euro für den Bürokratieaufwand,
der von den Unternehmen zu tragen ist“, rechnete Dirschka vor. Diese 420
Millionen Euro seien in den Handwerksfirmen als Lohnkosten, Kosten für
externe Verträge sowie als sonstige Sachkosten ausgabewirksam. Auf Bürokratie-Beispiele aus dem eigenen
Unternehmensalltag verwies Handwerkstag-Vorstandsmitglied Roland Ermer, der
in Bernsdorf bei Dresden und Umgebung eine Bäckerei mit vier Filialen
(insgesamt 25 Mitarbeiter) betreibt. Aus Sicht des Nahrungsmittelhandwerks
kritisierte er unter anderem die umfangreichen Monats- und
Quartalsberichtspflichten für das Statistische Landesamt, aber auch die von
der Bundesregierung beabsichtigte Verschärfung des
Lebensmittelkennzeichnungsrechts. „Während bislang nur verpackte Waren wie im Supermarkt mit
Angaben zu Inhalt, Zutaten und Haltbarkeit gekennzeichnet sein müssen, soll
dies künftig auch für lose verkaufte Ware im Nahrungsmittelhandwerk
vorgeschrieben sein“, erläuterte Ermer den Kern der angedachten Novelle.
Einen enormen bürokratischen Aufwand würde dies vor allem bei Kuchen und
Feingebäck zur Folge haben, zumal ein mittlerer sächsischer Bäcker im
Durchschnitt 250 bis 300 unterschiedliche Produkte im Angebot habe. „Für
jede dieser Backwaren eine umfangreiche Beschilderung vorzunehmen ist
einfach nicht möglich.“ Um Unternehmer wieder mehr aus dem Würgegriff der
Bürokratie zu befreien und damit die Chancen für neue Arbeits- und
Ausbildungsplätze zu erhöhen, fordert der Sächsische Handwerkstag von der
Bundespolitik, bereits im Vorfeld neuer Gesetze und Verordnungen gründlicher
als bisher die Folgen für kleine Unternehmen abzuschätzen. Grundsätzlich
müssten diesbezügliche Aktivitäten an der Frage gemessen werden, ob es dem
Aufbau von Arbeitsplätzen helfe oder schade. Zudem sei notwendig, neue
Vorschriften durchweg mit einer Verfallsfrist zu versehen, die zu einer
Überprüfung der jeweiligen Regelung zwingt. Ein gutes Beispiel für einen konsequenten
Entbürokratisierungskurs ist nach Auffassung des Sächsischen Handwerkstages
der vom Land Sachsen mit dem „Paragraphenpranger“ eingeschlagene Weg.
siehe auch Presseinformation
Pressekontakt:
Handwerkstag: Vor allem kleine und mittlere Betriebe leiden
unter den zahlreichen Berichts- und Meldepflichten im Unternehmensalltag
„Hintergrund: Bürokratie auf dem Vormarsch (Beispiele)“
Sächsischer Handwerkstag
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